20. Götterdämmerung

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„Nicht einmal die Götter wissen, was das Schicksal für uns bereithält … 
Und ich beginne gerade erst zu begreifen, welche Möglichkeiten sich mir eröffnen … 
Aber eins steht fest: Wir WERDEN uns wiedersehen …“ 

Mit diesen Worten führte der neue Avatar Beliars eine Beschwörungsformel durch. Funken sprühten umher und Xardas verschwand in einem grellen Licht aus der Kapitänskabine der Esmeralda. Der Teleport kostete viel Kraft, da jener ihn zurück auf das Festland transportierte, direkt in seinen neuen Turm in den eisigen Hängen des Nordens. Doch er kam an, wenn gleich etwas entkräftet, immer noch am Ringen mit der neugewonnenen Macht. Er fasste sich an den Kopf, schloss die Augenlider und hörte, wie … etwas zu ihm sprach. Etwas Bekanntes. 

Er musste schnell in seine neue Beschwörungskammer, meditieren und die Kontrolle über die Stimme behalten. Noch haben seine beschworenen Diener seinen neuen Turm nicht vollendet, aber mit seiner neugewonnenen Macht würden sich nicht nur der Bau seines neuen Zuhauses, und auch seine Pläne beschleunigen lassen. 

Zwei Wochen später: 

„Erkläre mir erneut, großer Kan, warum führen wir unseren Kriegsrat in der Sprache der dreckigen Morras?“ 
Kan stieß einen tiefen Seufzer aus, der Ork richtete seine rechte Schulterplatte, ehe er die Stimme erhob: „Wenn dieses Land uns gehören soll, Varek, können wir nicht auf die Menschen verzichten. Ihre Sprache zu lernen, wird unser Überleben sichern.“ 
Varek brummte auf, schwieg aber. Er war schon unzufrieden damit, einen derart wichtigen Kriegsrat im Innostempel der Menschenstadt Geldern zu führen, geschweige denn in der Sprache eben jener. Ein großer Rundtisch, an dem die Beteiligten saßen, wurde in das Innere des Tempels gebracht. Jenen zierten immer noch vergoldete Säulen, Tische, die Goldteller der Stadt und andere Artefakte und Wertsachen. 
Andere Kriegsherren und Schamanen des Rates murmelten oder gaben ähnliche Geräusche wie Varek von sich. 
Kan begann erneut zu sprechen, diesmal zierte ein bedrohlicher Unterton seine Aussage: „Hast du mir etwas zu sagen, Varek?“ 
„Nein, großer Kan.“, vermeldete Varek rasch. 
„Gut. Dann können wir ja nun fortfahren. Wie bereits gesagt, mit Morras zusammenzuarbeiten, die sich unseren Sieg eingesehen haben, wird unser Überleben sichern. Andernfalls wird es auch nach unserem Sieg über die dreckigen Rebellen immer wieder Aufständische geben. Und alle Morras umzubringen, ist auch keine Lösung, so sehr euch das enttäuschen mag. Und wie wir in den Städten gesehen haben, gibt es viele Morras, die mit ihrem Marionetten König unzufrieden waren und nach einem starken Anführer forderten. Und auch nach einem Ende des Krieges. „Dies ist unsere Chance.“, wandte sich Kan mit einem Blick zu einem seiner Kriegsherren: „Umbrak, sprich.“ 
Umbrak erhob sich und antwortete: „Da wir die Siedlungen der Morras im Westen und im Mittelland in unserer Hand haben, wird es Zeit für die Burg, die die Morras ‚Faring‘ nennen. Ein zweiter Pass nach Nordmar und ein Weg zum König der schwächlichen Morras steht uns dadurch frei. Es gibt nur ein Problem …“ 
Kan brummte hörbar: „Ich kann keine weiteren Probleme gebrauchen, Umbrak. Sprich!“ 
„Faring ist eine Paladinburg, die auf dem Berg dieses Morradorfes errichtet wurde. Deshalb scheiterte auch unser erster Angriff.“ 
„Ich will keine Erklärungen, sondern LÖSUNGEN!“ 
„Mit Lösungen kann ich dienen, Ork“, ertönte eine neue Stimme im Raum. Jeder einzelne Ork im Raum sprang auf, und griff zur Waffe. Von einigen ertönte ein „KROTAKH JABARTH!“, ehe sich der Blick des aller Orks auf den älteren Mann in der schwarzen Robe richtete. 
Xardas schritt langsam näher an die Runde heran, während die Orks ihre Waffen bedrohlich gegen ihn richteten, nur um von Kan Einhalt geboten zu bekommen: „Wartet! … Wer bist du, Morra?! Und wieso bist du in meinem Kriegsrat? REDE! Bevor ich dich in Stücke hauen lasse“, knurrte Kan. 
Xardas‘ Lippen kräuselten sich, seine Stimme verharrte in einer ruhigen Tonlage, als er seine Antwort entgegnete: „Ich bin hier, um dich in deinem Vorhaben zu unterstützen, Ork.“ 
„Was könntest DU mir bieten, Morra?“
„Hmh“, Xardas schmunzelte. „Ihr habt sicherlich von der Runenmagie gehört, auf die die Menschen, allen voran diese eitlen Feuermagier und Paladine, vertrauen? Dieselbe Magie, die deine Armeen in Schach hält, fernab vom König und seinen engsten Handlangern?“ 
Kan nickte langsam und grummelte ungeduldig. 
„Was, wenn diese Runenmagie zerstört würde?“, fuhr Xardas fort. „Euer Weg wäre frei und unbeschwert.“ 
„Wieso sollte ich dir glauben, Morra? Wer sagt mir, dass du nicht lügst? Wieso solltest du mir helfen und dein eigenes Volk verraten?“ 
„Ich verrate es nicht. Ich bringe lediglich den Krieg zu einem schnellen Ende. Eure Schamanen werden selbst die Macht anerkennen, die ich in mir trage. Außerdem verlange ich für meinen Dienst am Volk der Orks eine Gefälligkeit von eben jenem.“ 
„Was für eine Gefälligkeit?“ 
„Dazu kommen wir noch zu sprechen. Nun jedoch, bereitet den Angriff auf Faring vor.“ 
„Moment, Morra …“ 
„Wollt ihr den Sieg erringen oder wollt ihr das nicht?!“, erhob Xardas die Stimme. 
„Natürlich wollen wir das, aber …“ 
Xardas unterbrach den Orkanführer barsch: „Dann stelle meine Worte nicht erneut in Frage, Ork. Greift die Burg an und ihr werdet siegen.“ 
Mit diesen Worten teleportierte sich der einstige, oberste Feuermagier aus dem Raum und ließ verwirrte, irritierte Kriegsführer und einen nachdenklichen Kan zurück. 
Nach einigen Momenten des Schweigens, sprach Umbrak: „Großer Kan … Du wirst diesem Morra doch nicht etwa …“ 
Kan ließ ihn nicht ausreden: „Bereitet den Angriff vor. Wir ziehen nach Faring. Ob mit oder ohne Hilfe dieses Morras. Sammelt SÄMTLICHE Truppen, die zur Verfügung stehen. Wir greifen diesmal von beiden Seiten an.“ 

1 Woche später: 

„ALARM! ORKS!“, brüllte der Wachmann vom Wehrgang zum Burghof. Eilig sammelten sich unzählige Paladine und Ritter, die Runensteine in den Händen haltend, auf den Wehrgang und beobachteten, wie eine Armada an Orks mit ihren schwerbewaffneten Söldnern durch das Dorf zog und zeitgleich über den Pass nach Nordmar hindurchströmte. Der Außenposten in die eisigen Lande war bereits gefallen. 
Die einfachen Bewohner ließen sie in Ruhe, doch wer sich ihnen in den Weg stellte, wurde gnadenlos niedergestreckt. Die Streiter Innos‘ warteten nicht allzu lange, um dem mit ihrer Magie und gewöhnlichen Geschossen ihrer Armbrüste und Bögen entgegenzuwirken. Doch auch die Orks und ihre Söldner richteten ihre Schützen gegen die Verteidiger und ein Gefecht brach los. 
„Wir brauchen hier mehr SCHÜTZEN! Bringt mir meh-…“, mehr als diese Worte brachte einer der Paladine nicht hervor, ehe er von einem Bolzen getötet wurde und die Wehrmauer herunterfiel. 
„GUTER SCHUSS, CONNOR!“, rief einer der Söldner dem tödlichen Schützen zu. 
Plötzlich erschien ein grelles, leuchtendes Licht, das die Kämpfe stoppte. Funken sprühten umher und aus dem Rauch, der entstand, trat er hervor. 
„Ist das nicht …?“ 
Xardas schritt mit einem rotleuchtenden Zauber, mehr schon ein Licht in der rechten Hand den Weg zu verschlossener Burg herauf. Keiner der Paladine und auch keiner der Orks und ihrer Söldner traute sich ihm entgegenzustellen oder ihn anzugreifen, bis jener schließlich am Fuße des Aufganges zum Gitter wieder in einer Lichtwolke verschwand. 
Einer der Paladine setzte daraufhin, ohne zu zögern, den Angriff fort … nur um zu erkennen, dass nichts aus seinem Runenstein feuerte. Er runzelte die Stirn: „Was zum …?!“ 
Nach und nach bemerkten auch die anderen Paladine, dass sie ihre Zauber nicht wirken konnten. Einige begannen, verzweifelt Manatränke zu sich zu nehmen, doch auch dies blieb ohne Erfolg. 
„VERDAMMT, SIE BRECHEN DURCH DAS TOR!“ 
„HALTET SIE AUF!“ 
„WARUM FUNKTIONIEREN DIE RUNEN NICHT MEHR!!“ 
„MÄNNER, BEREITMACH- ARGHHH!“, stieß einer der Paladine aus, als er von dem ersten Ork, der durch das inzwischen zerstörte Gitter drang, niedergestreckt wurde. Er sollte in dieser schicksalshaften Nacht nicht der letzte sein. 

Kan kämpfte sich mit seinen Truppen durch den Eingangsbereich des Burghofes und sah zu, wie seine Kämpfer die Burg nach und nach stürmten und die Verteidiger nach und nach vernichteten. Während seine Leute mit der Eroberung und Plünderung der Burg beschäftigt waren, erschien dem Kriegsherren erneut dieser Morra vor den Augen. 
„Ich habe mein Wort gehalten. Die Runenmagie wirkt nicht mehr“, sprach der dunkle Magier. „Nun bist du an der Reihe, Ork.“ 
„Das hast du. Das Volk der Orks wird es dir danken. Sprich, welche Gengenleistung verlangst du?“ 
„Nichts, was nicht ohnehin in eurem Interesse wäre. Es gibt da gewisse Artefakte, die du für mich suchen sollst, …“ 

Von Gregox