#23: Propaganda: Orksöldner

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Es gibt eine Wahrheit, die ihr kennen müsst. Es ist die einzige Wahrheit, die etwas bedeutet. Sie ist so einfach, wie sie bitter ist, und Ihr müsst Sie hören:
Es gibt kein Zurück!
Es gibt kein Zurück mehr ins myrtanische Reich! Es gibt kein Zurück mehr in den Dienst der Adligen! Es gibt kein Zurück mehr in den Schoß der Kirche! Denn all diese Dinge liegen in Trümmern. Die Orks haben die Heere des Königs besiegt, jeden Paladin getötet, den sie finden konnten, und Innos‘ Tempel geschliffen. All das ist verloren und wird in wenigen Jahren nur noch verstaubte Erinnerung sein.
Das myrtanische Reich hielt sich für mächtig und erstickte seine Kinder mit strengen Gesetzen unter den sauberen Stiefeln seiner Edelleute. Natürlich alles recht und billig, von göttlicher Gnade durch Innos. Dann kamen die Orks und bewiesen, wie schwach die Herrschaft des Königs eigentlich war, wie selbst göttliche Streiter hinweggefegt werden, wenn starke Krieger es sich in den Kopf setzen.
Nein meine Freunde, weint den alten Verhältnissen keine Träne nach. Sie sind es nicht wert, dass Ihr um sie trauert. Auch mir fiel es zunächst schwer, die Orks als etwas anderes zu sehen als einen Feind. Wie viele von euch, habe ich gegen sie gekämpft. Ich habe Blut und Schweiß vergossen, nur um doch zu verlieren. Entgegen aller Lügen des Königs zeigten die Orks Gnade. Mir und vielen anderen Männern wurde erlaubt, uns in den Diensten der Orks zu bewähren.
Seither kennt man uns als Orksöldner.
Ein Wort, das mancher hinter vorgehaltener Hand gern abfällig benutzt, als sei es eine Beleidigung. Dabei ist es ein großartiges Wort. Denn es beschreibt genau, was wir tun. Wir sind Männer im Sold der Orks, so einfach. Die Orks bezahlen uns, einfache Männer, damit wir ihnen dabei helfen, den Frieden im Land für ALLE zu wahren. So groß ist ihr Vertrauen, dass sie uns solche ehrenvollen Aufgaben überlassen. Wir sind Orksöldner, ganz einfach, weil es nicht mehr notwendig ist, sich hinter hochtrabenden Titeln, schmucken Wappen und feinen Gewändern zu verstecken.

Wir sind einfache Männer, aus dem einfachen Volk! Volk, wie ihr es seid! Um einer von uns zu werden, muss man sich nur beweisen. Es braucht weder Stammbaum noch Vermögen. Macht eure Arbeit, auf dem Acker, am Amboss oder mit der Axt, egal welchem Handwerk ihr nachgeht. Ein jeder, der ehrlich bleibt und tut, was er kann, wird unter den Orks sein Glück finden. Das ist ihr Versprechen!
Ich weiß, ihr denkt jetzt an die Sklaven. Sie sind kein Geheimnis und es gibt sie in jeder Stadt. Lasst euch nicht Bange machen, denn wenn ihr euch an euren gesunden Menschenverstand haltet, werdet ihr deren Schicksal NIEMALS teilen. Wer ist schon unter den Sklaven? Es sind Verbrecher! Banditengesindel, das Unschuldigen in der Wildnis nach dem Leben trachtet. Es sind diejenigen, die sich während des Krieges und danach am Leid anderer bereichert haben. Und es sind Unbelehrbare, welche die einfache Wahrheit nicht begreifen wollen, sich dem Frieden in den Weg stellen und im Namen eines ungerechten Königs Hass und Krieg säen.
IHR ALLE WISST, wie vergeblich der Kampf dieser Rebellen ist, die in Wirklichkeit nichts weiter als Räuber sind. IHR ALLE WISST, wie falsch die Ziele sind, die ihnen jene in die Köpfe setzten, die euch früher unterdrückt haben.
Und dennoch, auch sie können Gnade erfahren. Als Sklaven können sie Buße tun und ihre Verbrechen abarbeiten. Sie dürfen sich sogar in Arenen beweisen, um eines Tages Orksöldner zu werden. Wer das tut, den werde auch ich mit Freude an meiner Seite sehen und Kamerad nennen! Es gibt kein Zurück! Die Orks haben uns aus den alten Fesseln befreit und jetzt gehen wir Seite an Seite mit ihnen in eine gemeinsame Zukunft!

– Marik, Chef der Orksöldner in Montera

 

 

Komm näher. Setz dich. Nimm dir etwas zu essen, aber sei leise. Sie sollen uns nicht erwischen. Dann gibt’s Ärger. Im dümmsten Fall glauben sie, wir würden etwas planen, dass wir für die Rebellen arbeiten. Allein der Verdacht kann einen teuer zu stehen kommen. Wir alle haben von den Dingen gehört, die angeblich gerade in Geldern vorgehen. Ich weiß, Gerüchte gibt es viele. Aber die Tore zur Stadt sind geschlossen, das habe ich mit eigenen Augen gesehen. Kopf runter!

Okay, das war knapp. Die Luft ist wieder rein. Es war nur ein Bürger, doch man weiß ja nie. Wahrscheinlich hätte er uns verpfiffen, um bei den Orks gut dazustehen. Verdammte Wendehälse… Klar, die Orks mögen keine Spitzel. Das heißt aber nicht, dass sie ihnen keinen Glauben schenken.
Und die Söldner sind nochmal was ganz anderes. Die lassen sich richtig was für einen einfallen: Sonderschichten beim Steineklopfen, gekürzte Rationen und mit dem gesparten Gold wird der eigene Sold aufpoliert. Am Ende kann man noch froh sein, dass man nicht direkt in Silden landet. Aber Orksöldner, ja, ja, alles große Krieger. Haben alle ihren Wert bewiesen – angeblich. Weißt du, wie die Orks sie nennen? Morra! Sklave! Genau wie uns. Glaub den Scheiß nicht, den sie über Ehre oder die Arena sagen. Du magst vielleicht ein paar Runden überstehen und sogar frei kommen. Und dann? Eine Handvoll Orks behandelt dich vielleicht etwas anständiger. Doch in der nächsten Ortschaft, in der dich keiner kennt, bist du wieder der Morra!

Das heißt, wenn du es überhaupt dorthin schaffst und vorher nicht einem Assassinen in die Arme läufst. So bin ich nämlich hier gelandet. Eigentlich bin ich Fuhrmann. Könnte jetzt ein anständiges Leben führen und die Augen vor der Sklaverei verschließen. Vergessen, wer die Höfe niedergebrannt und Freunde und Verwandte umgebracht hat. Nicht doch, ich bin an Sklavenjäger geraten und wurde verkauft. Die haben den Orks schöne Geschichten darüber aufgetischt, was ich für einer wäre, und die haben nicht so genau nachgefragt. Entgegen ihrer Behauptungen findest du unter den Sklaven weniger Verbrecher und ehemalige Soldaten als unter denen, die heute freiwillig für die Orks arbeiten. Natürlich ist jetzt alles besser, weil heute keiner mehr eine Krone trägt. Mag sogar wahr sein. Wenn du nicht gerade jemandes Eigentum bist oder jederzeit Gefahr läufst, es zu werden. Dumm gelaufen, Morra. Lass dir doch nach der Arbeit noch ein wenig zu ihrem Vergnügen die Fresse polieren. Schöne neue Ordnung.

– Rufus, Sklave in Montera