Entwickler­interview: Jünger des Xardas

- 22:00

STORYURGESTEIN JÜNGER DES XARDAS

Hallo Jünger des Xardas, (oder kurz Jünger oder auch JüdeX) stelle dich unseren Lesern bitte kurz vor. Wo kommst du her, was machst du beruflich und welchem Team gehörst du im CST an?
Ich bin Jünger des Xardas – oder einfach Jünger oder Jüdex, wenn ihr’s kurz mögt. Ich studiere in Berlin Philosophie und Germanistik und bin gefühlt der einzige Student dort, der auch aus dem Nest stammt und kein zugezogener Schwabe ist. Im CST bin ich Angehöriger und Chef der Storyabteilung, wobei Contentabteilung wohl treffender wäre, da der Fokus zwar auf der Story liegt, wir aber im Grunde für alle inhaltlichen Entscheidungen verantwortlich sind, also alles, was nicht mit der technischen Umsetzung zu tun hat, beispielsweise das Balancing.

Wie bist du zum CST gestoßen und seit wann bist du im Team?
Das muss… lass mich nicht lügen… im Januar 2009 gewesen sein. Für die meisten im Team bin ich damit wohl ein ziemliches Urgestein, ich selbst habe mich aber nie so gefühlt, weil ich eher der „zweiten Generation“ von CSP-Mitgliedern angehöre. Das CSP war ja Ende November 2008 von vier Leuten ins Leben gerufen worden. Die schufen dann das Vorteam, in das erst mal jeder aufgenommen wurde, der sich bewarb. Dort wurde noch keinerlei neuer Content geschaffen oder eingebaut, es wurden nur die technischen Möglichkeiten abgesteckt und die Grundkonzepte für den Storyverlauf entworfen. Ich erinnere mich noch, wie ich eines Tages ziemlich gelangweilt in der Gothic-Diskussion auf WoG rumklickte, die ich damals noch praktisch täglich besuchte. Vor Langeweile schaute ich in einen Thread über einen Texturpatch, der gerade in der Mache war, obwohl mich das eigentlich gar nicht interessierte (das war nicht unser Texturpatch, sondern ein vom CSP völlig unabhängiges Projekt eines einzelnen Users). Dort schrieb ein User, dass nicht nur die Texturen verbessert würden, sondern sich jetzt auch ein Team finde, dass die Story verbessern wolle, und postete einen Link zum allerersten WoG-Thread des CSP, der im Editing-Forum stand, in das ich noch nie einen Fuß gesetzt hatte. Das Ganze war also ein absoluter Zufall. Aber ich war sofort begeistert und bewarb mich. Und irgendwas muss ich danach wohl richtig gemacht haben, denn als die Gründer im Mai 2009 entschieden, wer im Vorteam gut und zuverlässig genug gearbeitet hatte, um ins eigentliche Team übernommen zu werden, das nun die Arbeit aufnahm, wurde ich nicht nur übernommen, sondern bekam auch noch den Posten als Chefautor angeboten. Heute ist von denen, die das Vorteam noch miterlebt haben, kaum noch einer übrig, die meisten unserer jetzt aktiven Mitglieder stießen erst später dazu. Unter den Storywritern macht mich das zusammen mit HerrFenrisWolf, der damals genau am selben Tag wie ich ins Vorteam aufgenommen wurde, zum Dienstältesten.

Welche Erfahrungen hast du im Modding-Bereich bereits gesammelt?
Ich habe die einschlägigen Gothic 1- und -2-Mods gespielt, hatte aber vor dem CSP noch keinerlei Moddingerfahrung, schon gar nicht mit Gothic 3. Tatsächlich kommt es mir auch jetzt immer noch komisch vor, mich einen Modder zu nennen, denn ich könnte nicht mal eine einzige neue Dialogzeile ins Spiel bringen, wenn ich wollte.

AUFGABEN UND TÄTIGKEITEN

Kannst du uns verraten, woran du aktuell arbeitest?
Momentan bin ich mit den Orkquests fürs vierte Kapitel beschäftigt. Konkret arbeite ich an einer größeren Quest, in der es darum geht, den Rebellenspitzel in Montera zu enttarnen (HerrFenrisWolf hatte da einige wirklich schöne Ideen, auf deren Grundlage ich jetzt arbeite; das wird alles deutlich umfangreicher, spannender und verwickelter als im Originalspiel). Nebenbei widme ich mich auch dem Feinschliff der ersten drei Kapitel.

Wie sieht die Arbeit in deiner „Abteilung“ generell aus? Wie muss man sich ihren Teil der Entwicklungsarbeit vorstellen?
Ein Storyschreiber übernimmt eine bestimmte Aufgabe, etwa die Banditenquestreihe, das Städtekonzept für Vengard, die Rebellenquests fürs dritte Kapitel oder was auch immer. Im Rahmen der groben Storykonzepte, die wir so haben, schreibt er dann relativ selbstständig die entsprechenden Dialoge, Quests usw., wobei es auch durchaus mal vorkommt, dass zwei Storywriter an einem Bereich arbeiten und der eine die Arbeit des anderen noch mal mit eigenen Ideen ergänzt. Am Ende kommt da dann ein Worddokument raus, das idealerweise von irgendeinem anderen Storywriter korrekturgelesen und dabei auf Grammatik, Rechtschreibung und einen zu Gothic passenden Ton überprüft wird. Ob diese Erstkorrektur aber nun stattfindet oder dafür gerade niemand Zeit hat, das Dokument kommt dann immer noch auf meinen Tisch. Auch ich korrigiere die Texte noch einmal und achte neben den genannten Aspekten auch noch darauf, dass die Dialoge und Quests in diesem Dokument mit denen in den übrigen zusammenpassen (nicht, dass in der Piratenquestreihe ein NPC getötet werden muss, der später bei den Orks noch gebraucht wird, oder es in einem Dialog heißt, Montera sei vier Jahre lang belagert worden, und in einem anderen, es seien zwei gewesen), dass an alle möglichen Handlungen des Spielers gedacht ist (Wenn NPC X sterblich ist und NPC Y in einem Dialog auf X verweist, dann muss dieser Dialog abgewandelt werden, sollte der Spieler X töten, so unwahrscheinlich es sein mag) und dass das Dokument neben den eigentlichen Dialogen auch möglichst klare Anweisungen für die Techniker enthält. Danach wird das Dokument zum Umsetzen durch die Scripter freigegeben. Und weil alles Korrigieren der Welt manchmal nicht ausreicht, stellen diese noch regelmäßig kleinere Verständnisfragen zu bestimmten Stellen in unserem internen Forum, die wir ihnen dann dort beantworten. Manchmal teilen sie uns auch mit, dass etwas sich nicht genauso umsetzen lässt wie geplant, auch wenn wir Storywriter mittlerweile alle ein halbwegs passables Gespür dafür haben, was geht und was nicht. In so einem Fall muss die entsprechende Stelle noch mal umgeschrieben werden. Nebenbei diskutieren wir auch immer wieder verschiedenste inhaltliche Themen in unserem internen Forum.

Was sollte jemand mitbringen, der in deiner „Abteilung“ mitwirken möchte?
Das ist vielleicht nicht so interessant wie im Falle der anderen Abteilungen, da die Storyabteilung als einzige im Moment keine neuen Mitarbeiter aufnimmt, die Antwort hier also eine rein theoretische ist, aber sei’s drum: Wichtig ist neben Motivation, die wohl aber in jeder Abteilung gleich wichtig ist, aus meiner Sicht vor allem ein gewisses Gespür dafür, was eine gute Quest ist, und vor allem für die Gothicatmosphäre und den typischen Ton der Gothicdialoge. Natürlich ist auch Kreativität ein wertvolles Talent bei unserer Arbeit, aber ich sehe sie erst an zweiter Stelle, denn eine gut präsentierte „Bring mir 10 Wolfsfelle“-Quest wirkt am Ende interessanter und atmosphärischer als eine noch so originelle, aber völlig unpassende und schlecht geschriebene Quest. Hilfreich ist zudem auch eine gute Kenntnis der Gothicwelt und all ihrer Hintergründe. Und obwohl ich der Meinung bin, dass bei uns jeder Storywriter ziemlich eigenständig arbeiten kann und großen kreativen Freiraum hat, ist natürlich auch eine gewisse Bereitschaft, sich auf die Ideen anderer einzulassen und die eigene Arbeit mit Fremder zu verbinden, vonnöten.

Wie viel Zeit investierst du derzeit in das Projekt und wie viel hast du insgesamt schon geleistet?
Die Zeit ist wohl eher in Wochen und Monaten zu bemessen als in Stunden, aber nach über fünf Jahren im CSP ohne Buch geführt zu haben, kann ich das unmöglich auch nur schätzen. Derzeit investiere ich grob geschätzt zwischen zehn und fünfzehn Stunden die Woche für das Projekt, aber das ist ein ständig schwankender Wert, da ich natürlich auch noch andere Verpflichtungen habe.

Welche Tools helfen dir bei deinen Aufgaben?
Öhm, Microsoft Word? Die Storyarbeit ist, was das angeht, wohl wesentlich unspektakulärer als die der Techniker. Sehr hilfreich, wenn man mal rasch wissen muss, welche Quests es im Original alles gab und was für Belohnungen die jeweils gaben, ist auch die Komplettlösung im Hilfeforum auf WoG. Nicht minder hilfreich sind die Listen auf Mondgesänge, wenn es um Waffen und Items geht. Zudem haben die Techniker uns schon recht früh eine praktische und recht übersichtliche Datei erstellt, in der sämtliche Originaldialoge nach NPCs geordnet drinstehen und in der ich sehr oft nachschlage, damit unsere Dialoge sich am Ende harmonisch in die originalen einfügen.

Was war in der bisherigen Entwicklung die größte Schwierigkeit für dich?
Ich denke, für mich hatte die größte Schwierigkeit während der Arbeit am Projekt gar nicht mit dem Projekt selbst und meiner Aufgabe als Storywriter, sondern vielmehr mit meinem Job als Chef der Storyabteilung zu tun. Gerade zu Anfang gab es einige Storywriter, die abgesprungen sind oder schlechte oder auch einfach mal monatelang keine Arbeit abgeliefert haben. Und es gab stellenweise ziemlich heftigen Streit um bestimmte Designentscheidungen und besonders um die Arbeit eines bestimmten Storywriters, der infolgedessen schließlich das Team verließ. Als Abteilungsleiter fiel es mir zu, das zu managen und zu moderieren – was ich keineswegs immer gut gemacht habe, auch wenn ich mir gerne einrede, dass ich dabei über die Zeit einiges dazugelernt habe. Mittlerweile ist dem Team aber ein harter Kern eingespielter Mitarbeiter verblieben, die recht effektiv zusammenarbeiten. Und die zentralsten Designentscheidungen sind eigentlich auch alle getroffen. Das heißt natürlich nicht, dass es nicht immer noch ab und an mal Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen gibt, aber ich denke, das Schlimmste ist überstanden.

DAS COMMUNITY STORY PROJECT

Dass es sich beim CSP um ein Mammutprojekt handelt, lässt sich schon allein an der nun schon mehrere Jahre andauernden Entwicklungsarbeit ablesen. Hat sich das Team übernommen?
Das Team hat sich DEUTLICH mehr aufgehalst, als ursprünglich geplant war, und wahrscheinlich wären viele, mich selbst eingeschlossen, damals nicht beigetreten, wenn sie gewusst hätten, was auf sie zukommt und wie lange das dauern würde. Bzw. wurde von den damaligen Entscheidungsträgern wohl auch nicht rechtzeitig erkannt, dass wir mehr und mehr vom ursprünglichen Konzept abgewichen sind, und entsprechend gegengesteuert. Persönlich bin ich da aber auch ganz froh drum. Ja, die Arbeit zieht sich jetzt schon unheimlich lange hin, aber dafür wird das Ergebnis halt auch unheimlich gut – meiner persönlichen Meinung nach deutlich besser als so manches „richtiges“ Rollenspiel der letzten Jahre wie Skyrim oder Dragon Age 2, was aber natürlich immer auch Geschmacksfrage bleibt. Als ich damals ins Vorteam kam und auch noch als dann die eigentliche Arbeit losging, sah das Grundkonzept eigentlich vor, dass das CSP ein etwas umfangreicheres Questpaket wird. Heute wird es wirklich ein neues und in vollem Umfang verbessertes Gothic 3, das nicht nur notdürftig flickt, sonder aus einem Guss neu macht. Und da bin ich froh drum. Übernommen hat sich das Team nur, wenn es am Ende an diesem Projekt scheitert; und auch wenn es länger dauert, als geplant, sehe ich dafür noch keine Anzeichen.

Worin liegt die größte Stärke des CSP? Was macht es besonders?
Ich denke, eine ganz große Stärke ist, dass wir kein „richtiges“ Entwicklerteam sind und es uns deshalb auch leisten können, ganz ohne Zeit- und Gelddruck und ohne einen Publisher, der uns reinpfuscht, zu arbeiten. Dadurch mag es länger dauern, aber das erlaubt uns eben auch, wirklich das Spiel zu entwickeln, dass wir selbst spielen wollen. Und eben hierin sehe ich die Antwort auf die ja immer wieder gerne diskutierte Frage, was denn eigentlich Gothic ausmacht: Damals bei Gothic 1 haben die PBs nämlich noch genau das gemacht. Ansonsten denke ich persönlich, dass das CSP vor allem besonders macht, dass es eine unheimlich dichte und lebendige Spielwelt hat, die darin die der ersten beiden Gothicteile und auch jedes anderen mir bekannten Rollenspiels übertrifft, und dass viele, gerade kleine Entscheidungen des Spielers Auswirkungen haben, und zwar nicht einfach darauf, welches Outro am Ende abgespielt wird, sondern oft auf absolute Kleinigkeiten, die den meisten Spielern wahrscheinlich nicht einmal bewusst auffallen werden, die aber insgesamt zur Lebendigkeit der Welt beitragen. Um das mal anhand von Originalquests zu verdeutlichen: Wenn man Kliff als Schmied nach Reddock holt, werden die Rebellen jetzt im CSP in einem späteren Kapitel plötzlich stärkere Waffen tragen (ein Orksöldner, der Reddock später noch auslöschen will, sollte sich also vielleicht überlegen, Kliff nicht zu befreien). Oder nehmen wir die Quest, die Truhe des Alchemisten Esiel auszuräumen: Die hatte bisher keinerlei Auswirkungen. Bei uns ist es später in einer davon völlig unabhängigen Quest möglich, Kap Dun einen neuen Alchemisten zu verschaffen, der Esiels Geschäft kaputt macht. Hat man die Truhe des Alchemisten zuvor nicht geknackt, ist Esiel zwar etwas sauer, kann das aber verschmerzen. Hat man ihn aber zuvor ausgeraubt, ist er jetzt völlig ruiniert – was neue Anschlussoptionen bietet, da man ihm nun seine Tränke zum Spottpreis abkaufen oder aber ihm eine neue Stelle besorgen kann.

Was unterscheidet das CSP aus deiner Sicht am meisten von anderen Mod-Projekten?
Abgesehen von seiner schieren Größe? Ich wage zu behaupten, dass die Qualität der Dialoge und Quests es deutlich von anderen Projekten abhebt. Es gibt wunderbare Mods, aber leider auch viele, denen man anmerkt, dass sie Fanprojekte sind. Auch das CSP ist nicht perfekt, aber ich würde es auf jeden Fall unter die Ersteren rechnen. Ansonsten ist da, wie gesagt, die Vielzahl an kleinen Details, die wir beachten und die die Spielwelt am Ende wirklich lebendig wirken lassen.

Gibt es irgendetwas an den Neuerungen im CSP, das dir ganz besonders gefällt, ganz egal ob von deiner Arbeit oder von einem anderen Teammitglied?
Da gibt es unheimlich vieles. Ich könnte jetzt einzelne NPCs oder Quests nennen, die ich für besonders gelungen halte. Und man hat sicher auch schon rausgehört, dass ich persönlich mich besonders dafür begeistere, wie sich die Arbeit unserer verschiedenen Storywriter (die für sich oft schon wirklich toll ist) zu einem lebendigen und wirklich dichten Ganzen zusammenfügt. Wenn ich jetzt ein Detail herauspicken muss, entscheide ich mich mal für die Nordmarer. Gerade die waren erst mal eine schwere Geburt, aber ich finde, das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Wir haben uns für die, aufbauend auf dem in Gothic 3 bereits vorhandenen Material, eine eigene Kultur ausgedacht, die sich auch merklich von der der übrigen Menschen abhebt, womit Nordmar zu einem ganz eigenen Erlebnis wird, das eigentlich für sich schon ein eigenes Spiel füllen könnte. Und wenn ich jetzt im CSP z.B. den Wolfsclan besuche, kann ich nicht umhin, mich an der großartigen Atmosphäre zu erfreuen.

Was motiviert das Team auch nach so vielen Jahren Entwicklung noch weiter zu machen?
Keine Ahnung. Es mag sicherlich gemeinsame Antriebe geben, aber bestimmt hat auch jeder so ein bisschen seine ganz persönliche Motivation. Und ich spreche ungern für andere.

UND WAS NOCH?

Was ist deine persönliche Motivation? Welche Ziele hast du dir selbst für das CSP gesteckt?
Meine persönliche Motivation ist zunächst einmal, dass ich einfach Spaß an der Sache habe, der mir bisher auch nie verlorengegangen ist, und dass ich jemand bin, der das meiste, was er anfängt, auch zu Ende bringt. Ansonsten bin ich wohl einfach einer der größten Gothicfans unter Innos‘ Sonne und vielleicht derjenige, der die ganze Spielwelt mit all ihren Details und Hintergründen am besten kennt. Gothic hat mich eigentlich, seit ich es kenne, stetig begleitet. Wer im WoG einen Blick in meine Signatur wirft, entdeckt schnell, dass ich im dortigen Storyforum schon diverse Geschichten im Gothicuniversum veröffentlicht habe, darunter auch Nacherzählungen der ersten beiden Gothicteile. Ich habe also auch abseits des CSP unheimlich viel Zeit und Energie in diese Welt gesteckt und bin daran sicherlich über die Jahre auch sehr gewachsen. Folglich liegt mir diese Welt enorm am Herzen und ich möchte sie gerne abrunden und der Geschichte von Gothic einen würdigen Schluss geben. Es mag zudem gerade für ein CSP-Mitglied überraschen, aber ich fand das ursprüngliche Gothic 3 eigentlich ganz gut. Die vielen Fehler dieses Spiels sind offenkundig und ich kann und möchte sie nicht wegdiskutieren. Aber ich gehörte nie zu denen, die dieses Spiel hassen oder ihm jeden Wert absprechen. Ich denke im Gegenteil, dass es großes Potential besitzt und dass die Welt von Gothic 3 einige sehr schöne Details zu bieten hat, die aber gerade jenen, die vielleicht Freude an ihnen hätten, gar nicht bekannt sind, weil diese das Spiel ob seiner vielen Fehler in die Ecke gepfeffert haben, lange bevor sie diese Details zu Gesicht bekamen. Teil meiner Motivation ist deshalb auch, das Potential von Gothic 3 auszuschöpfen und jene gelungenen Aspekte, die bereits da sind, in ein ebenso gelungenes Gesamtgefüge zu betten, damit es den Spielern endlich Spaß machen kann, sie zu erkunden. Darum war es mir auch immer sehr wichtig, dass der Grundsatz des CSP ist, das Vorhandene zu verbessern, also nichts aus dem Originalspiel zu streichen, solange das nicht absolut nötig ist. Nur wegen dieses Grundsatzes habe ich mich damals beim CST beworben und hatte dagegen nie irgendein Interesse an der mittlerweile eingestellten OpenMod, deren Ziel es war, auf Grundlage der Gothic 2 eine völlig neue Gothic 2-Fortsetzung zu erstellen.

Gibt es unter deinen eigenen Beiträgen zum Projekt einen, auf den du besonders stolz bist?
Ich bin ganz sicher nicht der kreativste Storywriter des Projekts, aber ich denke, ich habe den besten Überblick über das Gesamtprojekt und die besten Kenntnisse der Gothicwelt, insofern bin ich, was meinen eigenen Beitrag zum Projekt angeht, wohl am stolzesten darauf, wie es mir bisher gelungen ist, die Arbeit der anderen aufeinander abzustimmen und oft auch die besten Ideen mehrerer anderer rauszupicken und zu einem noch besseren ganzen zu vereinen – bei den schon erwähnten Nordmarern war z.B. genau das der Fall. Was jetzt konkrete einzelne Quests oder Dialoge betrifft, sind meine liebsten oft nicht die eigenen, sondern stammen aus der Feder mal dieses, mal jenes anderen Storywriters. Eine Sache, die direkt aus meiner eigenen Feder stammt und die ich für sehr gelungen halte, gibt es natürlich auch, aber die will ich hier nicht verraten, da es da um etwas geht, was wir bisher noch nicht enthüllt haben.

Was fasziniert dich an den Gothic-Spielen?
Schwere Frage. Ich denke, da kommt Verschiedenstes zusammen. Ich mochte immer die große Freiheit, die man hat – man kann alle möglichen NPCs umhauen, in jedes Haus einbrechen, diverse Berufe erlernen, schon zu Anfang in gefährliche Gebiete vordringen usw. Mir gefiel immer, wie lebendig und glaubwürdig die Welt war, eben weil ich jeden angreifen und in jedes Gebäude durfte, aber natürlich auch weil die NPCs alle individuelle Tagesabläufe hatten usw. In vielen Rollenspielen habe ich das Gefühl, nur durch Kulissen zu laufen, und dass alle NPCs ihr ganzes Leben an einem bestimmten Punkt rumstehend verbringen und dort nur auf mich warten, um mir eine Aufgabe zu geben. Mir hat der Ton der Dialoge gefallen: Bodenständig, rau, nicht so gestelzt wie in vielen anderen Fantasyspielen. Die wollten nie etwas sein, was sie nie waren. Ich mochte, gerade in Gothic 1, aber auch später noch, dass sich die Welt von vielen klassischen Fantasyklischees und –tropen abhob. Es gibt keine Elfen oder Zwerge und die Orks heißen zwar so, haben aber ansonsten mit ihren Namensvettern aus anderen Werken nicht viel gemein. Die Story von Gothic 1 war mal was ganz Neues: Ein riesiger Knast, geschützt durch eine magische Barriere. Es gab zwar den Orkkrieg, aber der Fokus der Story lag auf dem Überleben in dieser ganz eigenen Welt mit ihren ganz eigenen Gesetzen und letztlich auf dem Ausbruch. Tja, und zu guter letzt finde ich diese Welt mit den vier Reichen, den drei Göttern, dem magischen Erz und allem, was sonst noch so dazu gehört, einfach wunderbar und finde, dass man da unheimlich viel rausholen kann.

KURZE FRAGE – KURZE ANTWORT

Dein Lieblingscharaker?
Ich heiße Jünger des Xardas, richtig? Unter unseren neuen NPCs einen zu wählen, fällt schon schwerer, da gibt es viele tolle, aber keinen, der für mich auf die gleiche Weise heraussticht. Ich schätze, unser Piratenkapitän ist eine ziemlich coole Sau.

Deine Lieblingsquest?
„Das Attentat“ in Die Nacht des Raben fand ich immer super. Und wenn es wieder eine von unseren neuen Quests sein soll, entscheide ich mich für „Lees Rache“.

Magier, Nah- oder Fernkämpfer?
Nahkämpfer. Bei einem späteren Durchgang vielleicht ein- oder zweimal als Magier. Aber ich habe noch kein Spiel je als Fernkämpfer durchgespielt.

Ein großer Gothic-Fan schenkt dir 500 000 € für die Implementierung eines Features deiner Wahl. Welches wählst du?
Vielleicht wäre die Antwort früher noch anders ausgefallen, aber unsere Techniker haben so gigantische Fortschritte gemacht – erst jüngst haben sie eines der letzten großen Probleme gelöst; was genau, möchte ich an dieser Stelle nicht verraten –, dass wir mittlerweile fast jedes Feature umsetzen können, das wir gerne umsetzen würden und das mehr als bloßes Nice-to-have ist. Es bleibt also nur die Sprachausgabe. Ich persönlich kann zwar gut ohne, aber wenn ich die Mittel hätte, würde ich natürlich schon gerne die Originalsprecher anheuern, um unsere Dialoge zu vertonen.

Wird das CSP je fertig gestellt?
Jemand, der diese Frage mit nein beantwortet, würde wohl kaum noch so viel Zeit und Energie ins Projekt stecken, oder? Aber gut Ding will eben Weile haben. Der Kölner Dom hat auch ein paar hundert Jahre gebraucht, ist aber am Ende noch fertig geworden. Als nur die Ruhe.

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Der Arbeitsplatz unseres Storyspezialisten.

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