HerrFenrisWolf: Unser Story-Veteran

- 18:11

Einer der größten Kritikpunkt der Fans an Gothic 3 war die viel zu dünne Story. Das CSP hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, genau diesen Umstand zum Bessern zu wenden. Doch wie entsteht denn eigentlich die Story? Und wie sieht die Arbeit eines Storywriters im Community Story Team (CST) überhaupt aus? Mit HerrFenrisWolf haben wir eines unserer erfahrensten Mitglieder in diesem Bereich zum Interview gebeten, um diese Fragen für euch zu beantworten.

 

Hallo HerrFenrisWolf, stelle dich unseren Lesern bitte kurz vor. Wo kommst du her, was machst du beruflich und welchem Team gehörst du im CST an?

Grüße, ich bin HerrFenrisWolf, es reicht aber mich mit Fenris anzusprechen. Im realen Leben bin ich Student und freundlicher Tunichtgut. Innerhalb des CST gehöre ich den Storywritern an. Meine Tätigkeiten sind also die eines Kreativen, der sich Charaktere, Handlungen, Quests und Lore ausdenkt.

Das Projekt läuft nun schon seit einigen Jahren, aber alles hat auch einen Anfang. Wie bist du zum CST gestoßen und seit wann bist du im Team?

„Kommt zur Armee, haben Sie gesagt…“

Zum CST stieß ich bereits in der Vorteamphase. Gehöre also zum Urgestein dieser ganzen Unternehmung. Als die Idee eines solchen Projektes im Gothic 3 Editing-Bereich im World of Gothic-Forum erstmals aufkam, war ich direkt Feuer und Flamme. Vom ersten lesen darüber war es dann eigentlich nur noch einmal drüber schlafen, und schon meldete ich mich freiwillig.

Ein Projekt dieser Größenordnung wäre wohl kaum von Anfängern realisierbar, zu viel muss beachtet werden, zu groß ist der Aufwand. Welche Erfahrungen hast du im Modding-Bereich bereits gesammelt?

Ich spiele Mods, reicht das? Nein, natürlich nicht. In dem World of Gothic-Forum habe ich tatsächlich erst gefunden, als ich die ersten Gothic 2 Mods spielte, und meldete mich schließlich auch nur wegen dem Gothic 3 Editing-Bereich im Forum an. Seither habe ich mich stetig mit den technischen Möglichkeiten des Gothic 3 Moddings auseinandergesetzt, um einen vernünftigen Blick darauf zu haben: Was ist machbar und was ist unrealistisch? Darüber hinaus habe ich mich allerdings nie ins Scripting oder dergleichen eingearbeitet. Ich weiß aber dennoch sehr genau, was ich den Scriptern zumuten kann.

Als Storywriter kümmerst du dich also darum, dass die Story endlich die Aufmerksamkeit erhält, die sie verdient. Kannst du uns verraten, woran du momentan arbeitest?

Bis vor kurzem habe ich noch an Städtekonzepten für das Mittelland geschrieben, seit ich damit fertig bin, erledige ich praktisch in reiner Fleißarbeit das Schreiben von Tagesbucheinträgen für Quests aus dem Originalspiel. Den x-ten Tagesbucheintrag für einen Arenakampf zu schreiben ist zwar nicht unbedingt spannend, allerdings kann ich bei anderen Quests weit kreativeres verfassen. Das gleicht sich dann immer wieder aus.

Storywriter sind Schreibtischtäter Storywirters are desk workers Storywriter sind Schreibtischtäter

 

WIE ENTSTEHT DENN DIE EPISCHE STORY DES CSP?

Bei dir und deinen Kollegen aus dem Story-Team nimmt also alles seinen Anfang. Wie sieht die Arbeit in deiner „Abteilung“ generell aus? Wie muss man sich euren Teil der Entwicklungsarbeit vorstellen?

Ich sitze vor dem Bildschirm, in der Bahn, in der Bibliothek, fahre mit dem Auto oder mache einen Spaziergang, während ich über Gothic 3 nachdenke. Dabei fällt mir dann meistens auch etwas ein. Daraufhin schreibe ich das nieder, schildere meine Idee den anderen und wenn die Idee Zuspruch findet, arbeite ich weiter daran. Wenn ich dann ein fertiges Konzept, Dialoge und Quests mit entsprechenden Protagonisten auf die Beine gestellt habe, wird die Sache erst einmal abgelegt. Es vergeht ein wenig Zeit, bis meine Texte mindestens doppelt korrigiert und besprochen wurden, bis sie schließlich als final gelten und von da an dann auch umgesetzt werden.

Für Specials wie z.B. zu Weihnachten tippe ich dann auch gern mal zusätzlich eine Kurzgeschichte oder denke mir Themen für Artikel aus, aber das ist natürlich nicht meine Hauptaufgabe, sondern Sachen, die ich mir freiwillig zusätzlich aufhalte. Nebenbei betreue ich auch ein wenig die Community in unserem WoG-Thread, speziell die russische.

Alle Mitglieder des CST rekrutieren sich ja genau aus dieser Community. Was sollte jemand mitbringen, der in deiner „Abteilung“ mitwirken möchte? Und wie zeitaufwändig ist eure Arbeit?

Jemand, der in meiner „Abteilung“ arbeitet, sollte Zeit und eine unerschütterliche Motivation mitbringen, sowie die Fähigkeit anderen in den Arsch zu treten, ihre Arbeit zu tun, bzw. sich selbst in den Arsch treten zu lassen. Allerdings sind seit einiger Zeit keine weiteren Stellen mehr für Storywriter vakant. Das resultiert aus dem Aufwand neue Schreiber in die eigenen bzw. alten Sachen einzuarbeiten, um für Kontinuität und Konsens zu sorgen. Es wäre natürlich fatal, wenn ein neuer Schreiber sich z.B. einem fast fertigen Themengebiet widmet und die fertige Arbeit zu Gunsten seiner eigenen Vorstellungen noch mal völlig umwirft bzw. umkrempelt. Es darf auch nicht vergessen werden, dass ein Schreiber nicht nur sein eigenes Arbeitsfeld kennen muss, sondern auch grob das der anderen, damit es nicht dazu kommt das Handlungen sich beißen oder unvereinbar miteinander sind.

Da ich praktisch zur ersten Generation CSTler gehöre, habe ich bereits entsprechend viel Zeit für das Projekt aufgebracht und bin daran durchaus auch gewachsen. In meiner Funktion als Schreiber für verschieden große Arbeitsfelder habe ich die Hintergründe der Spielwelt, Fraktionen und Gruppen wie die Orks, die myrtanischen Schwarzmagier, die Waldläufer und einen Haufen anderer massiv mitgestaltet und so der Welt durchaus meinen Stempel aufgedrückt.

Aber was wäre ein Schmied ohne seinen Hammer? Welche Tools erleichtern dir deine Aufgaben?

OpenOffice, Sauerstoff, Regale voller Bücher, andere Computerspiele, Filme, Musik und ein Zweihänder. Alles, was mich irgendwie inspiriert, und natürlich das entsprechende Schreibprogramm zum Tippen der Ideen.

Was war in der bisherigen Entwicklung die größte Schwierigkeit für dich?

Trotz der technischen Limitierung, die uns das eingeschränkte Gothic 3 Modding bereitet, zu versuchen innovativere Geschichten zu erzählen und spannende Quests zu gestalten. Auch selbst dauerhaft motiviert zu bleiben ist natürlich eine enorme Herausforderung.

"Steck die Waffe weg!", HerrFenrisWolfs Schwerter "Put away your weapon!", HerrFenrisWolf's swords „Steck die Waffe weg!“, HerrFenrisWolfs Schwerter
„Put away your weapon!“, HerrFenrisWolf’s swords[/caption]

 

VIEL ARBEIT, VIELE AUFGABEN UND SCHON VIEL ZEIT, DAS CSP

Dass es sich beim CSP um ein Mammutprojekt handelt, lässt sich schon allein an der nun schon mehrere Jahre andauernden Entwicklungsarbeit ablesen. Hat sich das Team übernommen?

Darauf eine Antwort zu geben fällt mir ein wenig schwer. Das Projekt war ja nicht von heute auf morgen so groß, wie es heute ist. Es haben sich über die vergangenen Jahre immer wieder neue Möglichkeiten ergeben, Gothic 3 zu modden, und die Ansprüche des Teams an das Projekt selbst sind immer weiter gestiegen. Zur simplen Idee eines roten Fadens in Gothic 3 und einem stärkeren Einbinden dreier Hauptfraktionen haben sich Nebenfraktionen, neue Fraktionen und Städtekonzepte gesellt. Das hat den Arbeitsaufwand massiv erhöht. Ich bin kein grenzenloser Optimist, was dieses Projekt angeht. Über die Jahre haben mehrere Mitglieder aus verschiedensten Gründen ihren Hut genommen oder sich schlicht irgendwann nicht mehr gemeldet. Ein Phänomen, das auch in anderen Moddingteams durchaus bekannt sein dürfte. Manche dieser Mitglieder kann ich durchaus verstehen. Das CSP ist eine riesengroße Sache, und ich müsste lügen, um zu behaupten: “Das wird ganz sicher demnächst fertig!“ Ich selbst habe auch inzwischen schlicht den Überblick verloren, wie viel an jeder Front noch gemacht werden muss, leiste aber eisern weiterhin meinen Beitrag. Es gibt durchaus Teammitglieder, die bereits skandierten auch allein dran zu arbeiten, so lange es eben dauert. Selbst habe ich auch schon über Lösungsansätze nachgedacht, was man machen könnte, sollte sich das Projekt am Ende im Sande verlaufen.

Und bist du auf eine Lösung gekommen?

Ich weiß nur, dass bereits so viel Arbeit und Herzblut im CSP steckt, dass es extrem schmerzhaft wäre, es einfach so aufzugeben. Darum hoffe ich einfach das Beste und arbeite stur weiter.

Doch es gibt doch bestimmt nicht nur Probleme und Schwächen. Worin liegt die größte Stärke des CSP? Was macht es besonders?

Dass es von Leuten gemacht wird, die man schlichtweg als Gothic-Fanatiker bezeichnen könnte. Fans, die versucht haben, sich über die Jahre beim Spielen der Vorgänger ein tiefes Verständnis der Spielwelt anzueignen und die nun besten Gewissens das Festland von Gothic 3 mit mehr Leben, Hintergrund, Geschichte und Abenteuer füllen, als es das jemals hatte. Dabei versuchen wir allerhand aufzugreifen, was man in den Vorgängern über das Festland erfahren hat.

Was unterscheidet das CSP aus deiner Sicht am meisten von anderen Mod-Projekten?

Ganz simpel, dass es für Gothic 3 ist. Von den wenigen anderen Gothic 3 Mods unterscheidet es sich wiederum in Umfang und Anspruch.

Gibt es irgendetwas an den Neuerungen im CSP, das dir ganz besonders gefällt, ganz egal, ob von deiner Arbeit oder von einem anderen Teammitglied?

Na klar, aber ich will doch nicht zu viel verraten.

Das Release von Gothic 3 ist nun schon bald 8 Jahre her, und auch das CSP hat schon etliche Jahre auf dem Buckel. Was motiviert das Team auch nach so vielen Jahren Entwicklung noch weiter zu machen?

Keine Ahnung… Herzblut? Blanke Sturheit?

 

SONSTIGES

Was ist deine persönliche Motivation? Welche Ziele hast du dir selbst für das CSP gesteckt?

Ich wollte Gothic 3, ein besseres Gothic 3, das Gothic 3, das ich mir erträumt habe, soweit es geht, mitzugestalten und, wenn meine Inhalte weiterhin brav umgesetzt werden, habe ich das insoweit auch geschafft.

Gibt es unter deinen eigenen Beiträgen zum Projekt einen, auf den du besonders stolz bist?

Aber sicher, nicht nur einen, würde ich sagen. Ich lese mir gerne Sachen durch, die ich vor einer halben Ewigkeit geschrieben habe. Wenn ich diese Inhalte dann immer noch gut finde, dann bin ich überzeugt davon, dass sie auch wirklich gut sind.

Apropos gut. Was fasziniert dich denn überhaupt so sehr an den Gothic-Spielen?

Alles, aber das ist nur eine halbherzige Antwort. In Wirklichkeit ist es schwer zu sagen, was mich an Gothic am meisten fasziniert oder in welcher besonderen Mischung.

HerrFenrisWolfs Literaturempfehlungen: / HerrFenrisWolf's literature recommendations: Hunter S. Thompson - Angst und Schrecken in Las Vegas / Fear and loathing in Las Vegas Chuck Palahniuk - Flug 2039 / Survivor Walter Moers - Rumo und die Wunder im Dunkeln / Rumo & His Miraculous Adventures HerrFenrisWolfs Literaturempfehlungen: / HerrFenrisWolf’s literature recommendations:
Hunter S. Thompson – Angst und Schrecken in Las Vegas / Fear and loathing in Las Vegas
Chuck Palahniuk – Flug 2039 / Survivor
Walter Moers – Rumo und die Wunder im Dunkeln / Rumo & His Miraculous Adventures[/caption]

 

KURZE FRAGE – KURZE ANTWORT

Zum Abschluss ziehen wir das Tempo noch etwas an. Du bekommst ganz kurz fragen und antwortest bitte, ohne zu überlegen, ebenso prägnant. Auf geht’s:

Dein Lieblingscharaker?

Duke

Deine Lieblingsquest?

Dunkle Winkel

Magier, Nah- oder Fernkämpfer?

Nahkämpfer

Ein großer Gothic-Fan schenkt dir 500 000 € für die Implementierung eines Features deiner Wahl. Welches wählst du?

Ein ordentliches Kampfsystem.

Wird das CSP je fertig gestellt?

Besser wäre es…

Das war es auch schon. Vielen Dank für das Interview und die Einblicke in deine Arbeit.

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