22. Dezember

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Heute gibt es wieder eine kleine Kurzgeschichte. Auch sie spielt vor dem Auftauchen des Helden. Die Geschichte „Ugo und die Sterne“ spielt im Haus der Sterne, von dem ihr euch seit gestern hoffentlich schon ein gutes Bild machen könnt, und soll euch dieses und den Alltag der NPCs etwas näher bringen.

Ugo und die Sterne

„Schon eine Weile her, Langfinger!“, lachte Bertha ihm entgegen, nur um den Dieb wenig später herzlich zu umarmen. „Wie sieht’s aus? Wem hast du die schwer berappten Münzen diesmal aus der Tasche gezogen?“ Die Hausherrin war recht ungeniert, was Gespräche mit ihren Stammgästen anging und Ugo zählte zu den Gerngesehenen.
„Ach Bertha! Nein, ich komm’ doch gerade aus Kap Dun. Musste für Marik eine Botschaft übermitteln.“
„Kap Dun? Dafür warst du aber lange fort! Die Mädchen und ich wurden schon ganz krank vor Sorge. Ein Bursche wie du gehört nun wirklich nicht in die Wälder. Was wäre wenn ein Wildschwein über dich herfiele? Dein Gold würde uns doch hinten und vorne fehlen.“ Die Bordellchefin kicherte wie eine junge Magd während sie zwei Kelche unter ihrem Tresen hervorholte.
Dabei hatte der Dieb ihr Haus kaum betreten.
Bertha war schon eine Seele von Mensch. Dieses Weib konnte kratzig sein wie Trollpelz oder sanft wie Eiswolffell, aber es gelang ihr regelmäßig, sein Gaunerherz zu erweichen.
Als ihm die Puffmutter, etwas vom schweren Archolosser Tropfen einschenken wollte, winkte er sofort ab.
„Nun meine liebe Bertha, es hatte seine Gründe, warum mein Aufenthalt in Kap Dun ein wenig länger war. Die umliegenden Wälder oder das Meer hatten es mir sicher nicht angetan. Leute meines Schlages sind und bleiben nun einmal Stadtmenschen, komme, was wolle.
Ich habe das Lagerhaus dieses grantigen Orkkriegers Urkrass ein wenig durchstöbert und bin dabei auf eine wahre Rarität gestoßen.“ Seinen Beutel öffnend lächelte Ugo schelmisch und holte eine eigene Flasche Wein hervor.
Berthas Augen glänzten beim Anblick des Etikettes im Kerzenschein, ihre Stimme zitterte: „Ein echter Khoriner! Wein aus dem dortigen Innoskloster. Einen solchen Tropfen habe ich schon sehr lang nicht mehr zu Gesicht bekommen.“
Die krakelige Unterschrift auf der Flasche bezeugte die Echtheit: Meister Gorax.
„Wie viel?“, von einem Moment zum nächsten wurde aus der Weinkennerin wieder eine knallharte Geschäftsfrau.
„Ach, meine gute Bertha, du musst gestehen, im Grunde ist dieses Stück unbezahlbar. Aber sagen wir mal, du erlässt mir für meine nächsten zwei Besuche einfach den Preis und dafür überlasse ich dir den Khoriner Tropfen.“
„Ugo, du lüsternes Schlitzohr!“, entfuhr es der Hausherrin: „Willst uns wohl über den Tisch ziehen? Ausgeschlossen! Mein Gegenangebot lautet wie folgt: Du zahlst bei den zwei nächsten Malen nur die Hälfte.“
„Abgemacht!“, schlug Ugo sofort ein. Mit Bertha zu feilschen, war ein aussichtsloses Unterfangen und er hatte bewusst mehr verlangt, als die Flaschewert war. Mit diesem Angebot konnte er mehr als zufrieden sein. „Es freut mich doch immer, mit dir ins Geschäft zu kommen. Aber heute muss ich darauf verzichten, denn ich bin noch entkräftet von der Reise.“
„Ach was, entkräftet!“ Bertha klatschte in die fleischigen Hände. „Wo lässt es sich besser Erholen als in den Armen meiner Mädchen?“
Schon war eines der Mädchen auf Berthas Zeichen hin zu ihnen getreten und lächelte den Orksöldner verführerisch an. „Grüß dich, Ugo.“
Der Langfinger konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Bertha kannte ihre Kunden und scheute sich nicht, ihr Wissen einzusetzen. Seine Schwäche für rote Haare war ihr nicht lange verborgen geblieben. Und dann diese Hüften! Nein, wenn Magdalena vor ihm stand, konnte er einfach nicht „Nein“ sagen. Er seufzte, öffnete seinen Geldbeutel und bezahlte die zufrieden lächelnde Puffmutter. Dann ließ er sich von Magdalena bei der Hand nehmen und nach oben führen.

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